Wir haben ein großes Problem in Deutschland. Den Fachkräftemangel.Während BWL- und Psychologie Studiengänge in Deutschland an stetiger Beliebtheit gewinnen und einen hohen Ruf in der Gesellschaft genießen sind andere Bereiche maßlos unterbesetzt. Ein Bereich, der durch die dauerhafte Steigerung des durchschnittlichen Lebensalters immer mehr an Dringlichkeit zunimmt, die Pflege von hilfebedürftigen Menschen! Während viele Berufe mit attraktiven Vergütungen werben wird für den Sozialbereich in Deutschland viel zu wenig getan. Egal ob Altenpfleger, Krankenpfleger, Menschen in der Jugend- oder Behindertenhilfe, Lehrer, Kindergärtner oder Fachkräfte im Hospiz. Sie alle haben das gleiche Problem. Ihre Arbeit wird wenig geschätzt, schlecht in Korrelation zu anderen Berufen bezahlt und auf eine Person kommt wegen dem großen Fachkräftemangel häufig die Arbeit von zwei Personen.
Besonders der Beruf der Pflege muss attraktiver gemacht werden, um diesen immensen Mangel an Fachkräften auszugleichen. In einer gesellschaftlich mit steigendem Alter muss eine Lösung gefunden werden. Pflegebedürftige Menschen haben ein Recht auf eine Pflege und die Politik macht leider immer noch viel zu wenig. Der Arbeitsmarkt wird einen Umschwung erleiden und soziale Berufe werden immer mehr in den Vordergrund rücken. Doch wie sieht es in der Pflege aus? Ist die die Steigerung der Attraktivität für das gemein Volk wirklich die Lösung. Oder ist gerade künstliche Intelligenz ein Lösungsansatz, um den zu pflegenden Menschen ihre faire Behandlung zukommen zu lassen?
In diesem Beitrag beschäftige ich mich mit der Frage der Pflegeroboter. Ich möchte die Chancen aufzeigen und die derzeitige Entwicklung auf der ganzen Welt, mit dem Schwerpunkt auf das technikversierte Land Japan. Außerdem beschäftige ich mich mit ethischen Fragen zu diesem Thema und damit, ob die Humanität dadurch erhöht oder gesenkt wird.
Während wir in Deutschland derzeit auf 3,4 Millionen Pflegebedürftige kommen sind es weltweit circa 350 Millionen. Dieser Anzahl wird sich bis zum Jahre 2050 fast verdoppelt haben. Eine Prognose der Alzheimer´s Diseases International (ADI) geht von 614 Millionen aus. Viele Faktoren spielen dabei eine Rolle. So steigt unsere Lebenserwartung dauerhaft dank besserer medizinischer Versorgung und Vorbeugung, besserer Hygiene, bessere Diagnosemöglichen im Frühstadium einer Krankheit und hohen Investitionen in die Gesundheit und den pharmazeutischen Flügel der Medizin. Doch mit besserer Gesundheit und vor allem besserer Technik kommt auf ein viel größeres Problem auf uns zu, was vor allem im Alter immer mehr an Risiko zunimmt. Die Demenzerkrankung. Nach der deutschen Alzheimer Gesellschaft erkrankt alle 100 Sekunden ein Mensch in Deutschland daran. Gegenwärtig kommen wir auf 1,7 Millionen betroffenen in Deutschland und circa 46,9 Millionen weltweit. Die Ursachen sind unterschiedlich und teilweise immer noch ungeklärt. So kann Alkoholsucht oder Depression ein Grund sein, aber vor allem eben die geringe Anzahl an neuen Erfahrungen im Alter. Mit sich stetig vermehrender Technik wird auch die Fähigkeit der Selbstständigkeit reduziert und viele Menschen verfallen in einen immer gleichen Alltag voll fehlender Eigenständigkeit. Wenn der Mensch nicht dauerhaft neue Erfahrungen sammelt und sich neues Wissen aneignet können auch keine neuen Gehirnzellen wachsen und alte sterben immer mehr ab.
So wird vielleicht die körperliche Gesundheit der Menschen immer besser, doch das Wachstum der degenerativen Hirnerkrankungen nimmt immer weiter zu. Prognosen sprechen von einer Verdopplung der Erkrankten bis zum Jahre 2050 und in der Hitliste der häufigsten Todesursachen klettert die kontinuierlich weiter nach oben. Demenzerkrankte Menschen brauchen ab einem gewissen Stadium die Hilfe von Pflegekräften.
Nur stellt sich die Frage ob diese menschlich oder maschinell sein werden. Hier eine kleine Auskunft zu dem Markt der Pflegeroboter.
Sicht aus dem in der Digitalisierung zurückliegenden Deutschland
In einem bayrischen Altenheim sollen noch dieses Jahr zwei Assistenzroboter einziehen. Sie sind dazu in der Lage motorisch eingeschränkten Menschen beispielsweise ein Glas Wasser zu reichen. Der Roboter „Garmi“ ist ebenfalls seit dem Jahre 2018 im Einsatz und hilft den Pflegekräften bei häuslichen Aufgaben. Beispielsweise können sie Essenstablettes ausfahren, Spülmaschinen einräumen, Türen öffnen und Kaffee kochen. Der Unterhaltungsroboter „Pepper“ kann Musik abspielen, Bewegungsübungen anleiten, Witze erzählen und bereits Stimmlagen erkennen und darauf kontrolliert handeln.
Das technikfaszinierte Land Japan
Japan will der Überalterung der Gesellschaft konsequent entgegenwirken, in dem sie so sehr wie kein anderes Land auf Roboter und künstliche Intelligenz setzen. Wie auf der ganzen Welt gibt es auch in ihrem Land einen Fachkräftemangel. Bis 2020 werden insgesamt 370.000 Pflegekräfte fehlen. Der Premierminister Shinzo Abe ist in Hoffnung, dass bis 2020 mindestens einer von 4 Senioren von humanoiden Pflegekräften umsorgt werden wird. Egal ob Geh- und Aufstehassistenten, künstliche Robben zum Kuscheln, oder technisch hochentwickelte Gehhilfen.
Deshalb wird viel Geld in die Förderung künstlicher Intelligenz gesteckt mit der großen Hoffnung, dass man dem steigenden Alter mit Pflegerobotern antworten kann.
Die Ethik von humanoiden Pflegerobotern
Bisher ist ein vollständig automatisierter Pflegeroboter höchstens in Träumen verwirklichbar und nach Expertenmeinungen, wie der von Hans-Joachim Böhme, einem Professor für künstliche Intelligenz an der Hochschule Dresden sind wir auch noch „Millionen Jahre entfernt“. Doch lassen wir die Verwirklichung dieser Technologie einmal außen vor. Hätten wir die Möglichkeit dazu, was wären die Vor- und Nachteile davon und wie sieht es mit den ethischen Aspekten aus? Sollten Menschen von Maschinen gepflegt werden?
Datenschutz und Frage der Verantwortung
Die Roboter sind mit Kamera, Sensoren und Mikrofon ausgestattet und machen Aufzeichnungen von den Menschen und dokumentieren jede Aktivität. Diese Daten sind äußerst privat und die erste Frage die sich stellen sollte ist, wie die Sicherheit dieser Daten garantiert werden kann? Sollten Krankenkassen Zugriff darauf bekommen und somit automatisch über den neuesten punktiert genauen Stand des Patienten informiert werden? Hat der Hersteller des Roboters ein Recht auf diese Daten? Ist permanente Überwachung sinnvoll?
Durch die dauerhafte Überwachung der Bewohner lässt zwar die Sicherheit dieser garantieren, doch ist das Wissen um die dauerhafte Überwachung nicht unangenehm für die Betroffenen? Jeder Mensch hat ein Recht auf Privatsphäre und so lässt sich streiten inwiefern ein Roboter diese einschränkt. Der Roboter ist so aufgebaut, dass er durch Algorithmen gelernte Muster kontrollieren kann und Probleme und Unfälle direkt melden kann, um dem Patienten zu helfen. Die Person ist dem Algorithmus vollkommen egal. Sie reagiert auf auffällige Muster und erkennt keinen Wert in einem menschlichen Wesen. Eine darauf konzipierte Maschine ist sich nicht im Klaren darüber, was der Sinn in der Privatsphärenverletzung überhaupt sein soll. Sie kennt und interessiert sich nicht dafür anderen „etwas wegzuschauen“. Sie ist darauf programmiert zu helfen und Befehlen zu folgen.
Doch wie sieht es mit der Haftung aus? Wie beim autonomen Auto ist es schwierig einen Schuldigen bei Unfällen festzustellen. Vertauschte Medikamente, eine Verletzung durch einen Fehler im System oder ein irreführender Befehl, der zu einem Unfall führt. Die Frage der Schuld muss definiert werden bevor Pflegeroboter zum Standard werden.
Kontaktverlust und Isolation
Für einen pflegebedürftigen Menschen kann das Leben oft sehr einsam und eintönig sein. Die Verwandten besuchen ihn nur selten, die Pfleger sind gestresst und unfreundlich oder Dieselben vier Wände Tag für Tag lassen einen in Monotonie eingehen. Ist eine offenkundig nicht menschliche Person besser für das Gefühl der Einsamkeit oder schlechter? Ist es ein Ersatz für einen menschlichen Gesprächspartner?
Roboter in der Pflege mit der Spezialisierung auf Unterhaltung und menschlichen Kontakt sind mit etlichen Tools ausgerüstet, die die Pflegebedürftigen bei Laune halten sollen. Egal ob Touchscreen-Monitor mit Gesellschaftsspielen, Musik, Gedichten oder Gedächtnistrainer, die Care-O Bot haben etliche Möglichkeiten parat, um Patienten in Stimmung zu halten. Die Robbe „Paro“ ist beispielsweise eine Sattelrobbe, die zu therapeutischen Zwecken erfunden wurde und dazu dient, körperliche Nähe zu simulieren. Sie hat ein antiallergenes Fell, nimmt dank feiner Sensorik jede kleinste Berührung wahr und antwortet dementsprechend darauf und imitiert Geräusche.
Dennoch können sie keinen Menschen ersetzen und ob das jemals möglich sein wird ist außerdem fraglich.
Die Übertragung von Aufgaben an Dienstleistungsrobotern wie beispielsweise dem Essentablett bringen, Getränk nachfüllen oder Vorhänge öffnen ist ein weiterer Punkt, der kritisch zu betrachten ist. Egal, ob es ein „Guten Morgen!“ oder ein kurzes Gespräch ist. Ein Gespräch mit einem gutgelaunten Menschen kann ein Roboter bei Weitem nicht ersetzen.
So fördern Pflegeroboter tatsächlich die Isolation der Pflegebedürftigen und sollte deshalb, wenn überhaupt nur in einem gesunden Ausgleich von Mensch und Maschine stattfinden, da wie bereits erwähnt der menschliche Kontakt das Wichtigste überhaupt ist und die Besuche von Verwandten und Freunden mit der Zeit immer mehr nachlassen.
Menschwürde
Pflege ist nicht als reiner körperlicher Vorgang zu verstehen. Ein Roboter kann vielleicht die Funktion eines Menschen simulieren, jedoch nicht seine Menschlichkeit. Wenn pflegebedürftige Menschen von einer Maschine zu Objekten degradiert werden und in „Waschen, Windeln wechseln und Anziehen“ als Vorgänge eingeteilt werden ist es ethisch gesehen sehr fragwürdig. Die Gleichsetzung von Mensch und Objekt ist vor allem dahin gehend problematisch, dass Sachgegenstände im Gegensatz zu Menschen keine Würde besitzen. So würde (Zwinker-Smiley) die Würde eines zu behandelten Menschen als geringer angesehen werden.
Jedoch muss es nicht direkt bedeuten, dass jede Art Roboter automatisch die Würde des Menschen verringert.. Im Gegenteil! Wenn steuerbare Roboter als eine Art Hilfsmittel benutzt werden, um dem Menschen Tätigkeiten wie der eigenen Körperpflege zu ermöglichen lässt sich damit der Eindruck weniger Würde annullieren.
Wenn wir bei Würde bleiben gibt es auch nur andere Punkte, beispielsweise die Waschung des Intimbereiches. Ein auftretendes Schamgefühl, wenn Pfleger dieser Aufgabe übernehmen ist nur menschlich kann aber durch Roboter relativiert werden. Erste Untersuchung deuten darauf hin, dass insbesondere die Aufgabe Scham erheblich verringern kann.
Fazit
Der Einsatz von Pflegerobotern wird in unserem Arbeitssystem wahrscheinlich unumgänglich werden. Eine rasende Zahl an weiteren Pflegebedürftigen steht einer nur langsam steigenden Zahl der pflegerischen Fachkräfte gegenüber. Wenn wir unser Sozialsystem nicht so revolutionieren, dass diese Arbeit mehr gewürdigt und entsprechend vergütet wird, ist es wahrscheinlich das Beste, Pflegeroboter einzusetzen. Dabei sollte man allerdings viele unterschiedliche Aspekte betrachten. Es muss ein Umfeld für den Patienten geschaffen werden, welches weder Isolation noch Unsicherheit oder Angst zur Folge haben wird. Pflege ist ein menschlicher Akt und sollte deshalb nicht nur von Maschinen übernommen werden. Als Assistenten in gewissen Bereichen haben sie jedoch das Potential vieles zu verbessern und den Fachkräften zu erleichtern.
Mit dauerhaften Investitionen in den Bereich der Pflegeroboter und daraus resultierenden weiteren Innovationen kann eine gute Grundlage im Verhältnis von Mensch zu Maschine geschaffen werden, welches das Problem des Pflegenotstandes vielleicht einzudämmen vermag.
Lieber ein gutgelaunter Pflegeroboter als Menschen deren Frust ich zu spüren bekomme.
LikeGefällt 1 Person
what a drag it is getting old (rolling stones)
LikeGefällt 1 Person