
Jeder kennt das Szenario, man trifft einen Bekannten, Freund oder ein Familienmitglied und zu allererst wird folgende Frage gestellt. Eine Frage, die sich als Floskel in den Köpfen der Menschen festgesetzt hat. Eine Phrase, die nur noch von der arttypischen Antwort getoppt werden kann.
Wie geht es dir?
-Gut!
Die wenigsten Menschen haben überhaupt keine Probleme, haben keine schweren Gedanken oder irgendwelche Gewissensbisse, so gut wie jeder hat sein Päckchen zu tragen und das ist auch vollkommen okay so. Denn Laster gehören ironischerweise zum Mensch-sein dazu. Uns käme nicht einmal die Idee, sie loszuwerden. Es ist fast schon so, als seien Probleme und negative Gedanken ein Stück Eisen oder Kobalt für den Menschen, welcher als Magnet fungiert. Dennoch bekommen nur die Wenigsten davon zu spüren. Wir verstecken unsere wahren Gefühle vor den meisten Menschen, nicht weil es uns dadurch besser geht, sondern aus dem einfachen Grund, da wir niemanden belasten wollen und uns nicht von unserer verletzbaren Seite zeigen wollen. Wir bleiben stark und gefestigt im Äußeren, während unser Inneres am zerbröckeln ist. Das ständige Vorgeben, dass es einem gut gehen würde, verfestigt sich immer weiter in unserem Verstand und zieht uns noch mehr in den Graben der Verbitterung.
Warum ist unsere Gesellschaft dazu verfallen, einen positiven gut gelaunten Schein zu bewahren, als sich den Problemen zu erstellen und sie vor allem auch anzuerkennen?
Nehmen wir das Beispiel der 4-köpfigen Familie mit dem schönen Vorgarten und einem teuren Auto in einer von Blumen und Fröhlichkeit besessenen Nachbarschaft. Die Eltern trimmen sich selbst dazu, ihre wahren Gefühle zu unterdrücken und nur in den eigenen vier Wänden zu offenbaren. Es ist eine Reizunterdrückung, die seines gleichen sucht, darauf bedacht einen tollen Eindruck bei den Nachbarn zu hinterlassen, um eine Konkurrenz in der Nachbarschaft zu bilden. Der Neid des Nachbarn, der trotz dessen, dass er ihn nie zeigen würde, dennoch existiert wird zur großen Bereicherung des Alltags.
Dieser Wettkampf der wohlhabenden Elite, der in der Nachbarschaft zelebriert wird ist eine einzige Tarnung vor dem Bekämpfen der eigenen Probleme. Wäre es nicht schön in einer Welt zu leben die weniger von Oberflächlichkeiten besessen ist? Eine Welt, in der dem anderen geholfen wird, um ihn aus seiner misslichen Lage zu befreien? Wäre es nicht schön, wenn man auf die Frage wie es einem ginge, nicht mit einer offensichtlich gelogenen Floskel antworten müsste. Wenn man die Möglichkeit hätte, seinen wahren Gemütszustand offenzulegen? Würde die Frage doch wenigstens auch so gemeint sein, wie sie ausgesprochen wurde. Doch im Großteil der Fälle ist es nichts weiter als eine Phrase, in der die vorprogrammierte Antwort bereits erwartet wird. Welch Verwunderung würde auftreffen, wenn jemand wirklich erzählt wie es ihm gehen würde?
Es gibt selbstverständlich Ausnahmen von der Regel und Menschen, die sich von den alltäglichen Begrüßungsriten befreit haben oder die, die es wirklich ernst meinen, doch die Mehrzahl ist dem nicht so. Wäre es nicht utopisch, wenn wir in einer Gesellschaft leben würden, in der vorgegebener Stolz nicht existiert und die Menschen sich gegenseitig versuchen würden sich zu helfen, anstatt weiterhin fiktionales Glück dem Mehrwert zu geben? Es wäre schön, doch die Realität sieht meist anders aus, da wir uns lieber verstecken als über unsere Gefühle zu reden.
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